Ich präsentiere heute eine Galerie des Grauens. Zumindest mir graut es wann immer ich folgendes als zusammenhangslose Dekoration von Texten in Websites sehe:
Ja, die Bildchen sind für sich genommen alle recht schön und gut geschossen. Aber das hilft nicht. Sie sind vor allen Dingen völlig beliebig und abgenutzt. Dazu gehören auch die hier nicht abgebildeten, aber mindestens genau so schlimmen grinsende Frau im Callcenter und Handshake zweiter Typen in Anzug.
Der massive Einsatz solcher austauschbaren Bildchen raubt der Seite im schlimmsten Fall eine gute Portion Individualität – im besten Fall werden sie einfach übersehen und blasen einfach nur die totale Downloadgröße der Seite auf. In keinem Fall wird sich irgendwer die Bilder ansehen uns sagen: Wow, ein Wolkenkratzer! Die haben es bestimmt voll drauf, gleich mal anrufen und was in Auftrag geben…
Geht das denn nicht individueller? Warum nicht statt eines beliebigen Wolkenkratzers echte Fotos vom eigenen Betrieb? Die würden wenigstens einen authentischen Eindruck vermitteln. Klar, solche Fotos zu machen, ist mühsam und/oder mit Umkosten verbunden. Aber das gilt eben auch für die 0815-Fotos, denn die müssen gefunden, gegebenenfalls bezahlt und für den Einsatz im Web zurecht gemacht werden.
Und wenn dann denn nicht möglich sein sollte, sollte doch der Designer tunlichst nicht die gerade populärste Seite für Stock Photos aufrufen und direkt das erste Resultat der Suche nach Skyscraper
verwenden. Da sind die Chancen dann wirklich sehr hoch, dass jeder Surfer dieses Bild schon zigmal gesehen hat. Und das kann man doch nicht wollen!
Besonders gut kommen solche austauschbaren Stock Photos natürlich, wenn die Website einem 1-Mann-Unternehmen aus einen Kuhkaff in der Lausitz gehört, man man trotzdem nicht drauf verzichten kann, sowohl einen Wolkenkratzer als auch das beliebte Dreierteam aus einem grauhaarigen CEO, einer Frau und einem Mitbürger mit Migrationshintergrund irgendwo unterzubringen.
Kommentare (11)
Siegfried ¶
25. Januar 2008, 12:00 Uhr
Ich befürchte, Du hast Unrecht. Zwar mag ich diese Bilder auch nicht, aber das liegt auch daran, dass ich mit diesem ganzen Marketing- und Business-Gedöns sowieso Nix anfangen kann. Da habe ich einfach keinen Draht zu.
Aber es ist nun mal so, dass Bilder und Farben auf einer Webseite unterschwellig Emotionen auslösen. Und ganz ähnlich, wie es früher hieß: "Kleider machen Leute", so gilt dies in ähnlicher Weise auch für Webseiten. Geh doch mal in eine Bank und schau Dir die Angestellten dort an. Speziell die männlichen Angestellten. Was siehst Du? Einen Anzugträger (Farben grau bis gedeckt), zugeknöpftes Oberhemd und Krawatte. Sehr phantasievoll, sehr individuell. Aber genau darauf stehen diese Geldtypen. Bei Jedem, der mit Geld zu tun hat, bringt Sowas Erfolg. Für ein Unternehmen, das zumindest vorgibt, zu den Großen und Erfolgreichen in unserer Gesellschaft zu gehören, gehören diese austauschbaren Standardbilder genauso zum "guten Ton" wie die Krawatte. Wenn das natürlich eine Ein-Mann-Klitsche macht, könnte man das unter "vorspiegelung falscher Tatsachen" verbuchen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Individualität ist nicht gefragt im harten Businessalltag. Da ist mitschwimmen gefragt, nicht unangenehm auffallen und immer gute Laune und eine Menge schöner aber leerer Worte. Solche Bilder sind genauso Inhaltsleer wie die Worte dieser Leute, aber genau solche Leute haben Erfolg.
Peter ¶
25. Januar 2008, 12:32 Uhr
Zitat Siegfried:
Welche Emotion löst ein Wolkenkratzer denn aus? Vor allem, wenn man das betreffende Bild schon drei mal auf anderen Websites gesehen hat?
Den Vergleich finde ich äußerst unpassend. Erst mal hat man bei der Gestaltung eines Bankmitarbeiter-Outfits wesentlich weniger Spielraum als bei der Gestaltung einer Website. Und zweitens ist der Bankmitarbeiter eben nur ein Mitarbeiter, kein Aushängeschild wie eine Website.
Aber es gibt doch auch kreative und unverwechselbare Werbung für alle Arten von Produkten. Funktionieren die etwa nicht? Warum gibt es dann immer wieder neue?
Was ist das überhaupt für ein defensiver Denkansatz! Bloß nicht auffallen? Eine Website soll doch gefunden und benutzt werden und der Besucher soll sie sich merken und nie wieder bei irgendwem anders als bei diesem Unternehmen seine Geschäfte machen. Was hilft es da, dass man den selben Wolkenkratzer auf der Startseite hat wie die Konkurrenz?
Moritz Homann ¶
25. Januar 2008, 17:43 Uhr
Du sprichst mir mit dem Eintrag aus der Seele. Der Schwarze rockt.
Aber ich muss dennoch zugeben, dass ich solche Fotos an sich mag...;)
Siegfried ¶
25. Januar 2008, 18:08 Uhr
Die Mitarbeiter siner Bank sind das Aushängeschild der Bank. Insofern ist der Vergleich sogar sehr passend. Es kommt eben erstens auf Dein Zielpublikum an, zweitens auf Deine Risikobereitschaft bzw. die Deines Chefs, und drittens natürlich auf Deine Phantasie. leute, die auf solche Botschaften setzen, wie sie diese Bilder vermitteln, und auf altbekannte und wohlerpropte Methoden, diese Botschaften zu präsentieren, die haben eben weder Phantasie noch Risikobereitschaft. Ihre Clientel aber auch nicht. Ergo: Erfolg.
PainiaX ¶
25. Januar 2008, 18:48 Uhr
Muss dir da absolut beipflichten. Solche austauschbaren, nichtssagenden Bilder sind nicht gerade anziehend.
Übrigens wäre die Suche nach Skyscaper nicht gerade von Erfolg gekrönt. Die Dinger heißen nämlich Skyscraper ;)
Peter ¶
25. Januar 2008, 19:00 Uhr
Ups… danke für den Hinweis.
Michel ¶
25. Januar 2008, 19:21 Uhr
Der Mann aus Bild 2 schießt auf mich :(
neff ¶
26. Januar 2008, 00:20 Uhr
Kann Siegfried auch nicht beipflichten, Innovation ist das Zauberwort.
Michael ¶
26. Januar 2008, 08:41 Uhr
Galerie des Grauens ist natürlich sehr provokativ ausgedrückt. Ich würde eher sagen, es ist eine suboptimale Lösung. Austauschbare Bilder sind immer noch besser als gar keine.
Aber im Grunde muss ich Dir natürlich beipflichten, nicht zuletzt, weil ich als Fotograf davon lebe, individuelle und aussagekräftige Bilder für Firmen zu erstellen. Die meisten Firmen sehen es so, dass sie mit einer visuellen Aussage eine Botschaft viel besser trasportieren können als mit reinem Text, insbesondere im Internet, wo die Kunden lange Texte ohnehin nicht lesen.
Von daher: Schick die Leute ruhig zu mir ;-)
alican ¶
26. Januar 2008, 14:33 Uhr
Ich kann solche Bilder auch nicht mehr sehen, vor allem da sie einfach viel zu künstlich sind und die Situationen immer gestellt. Das sind meistens auch alte Bilder mit antiken Rechner und auch meistens von amerikanischen Büros.
Ich muss solche Bilder fast jeden Tag in Webseiten einbauen, da das von den Kunden verlangt wird.
Aber einmal bekam ich so ein geniales Foto. Der Chef sitzt mit einer schwarzen Sonnenbrille und einem Grinsen hinter seinem Schreibtisch, und dahinter an der Wand hängt ein riesen Bild mit einer nackten Frau deren Schamhaare man sieht.
Und so ein Bild auf einer Webseite von einem Unternehmen mit über 80 Mitarbeiter^^
dp ¶
26. Januar 2008, 20:27 Uhr
Siehe auch http://www.the…stock_photos.