Willkommen zu Teil drei der Artikelserie Linux für Webworker. Nachdem wir im ersten Teil gelernt haben, was Linux überhaupt ist und in Teil zwei festellen konnten dass es auch nicht beißt, geht es heute um Programme für den Webdesigner. Und um nichts anderes. Der Eine oder Andere mag das unspannend finden, aber hier geht es darum, zu demonstrieren welche Vielzahl an Werkzeugen unsereinen auch unter dem Banner des Pinguins zur Verfügung stehen. Alle vorgestellten Programme sind, sofern nicht ausdrücklich anders erwähnt, freie Software. An die Arbeit!

Die gesamte Artikelserie:

  1. Was Linux ist und warum man sich dafür interessieren sollte
  2. Unverbindliches Ausprobieren
  3. Programme, Programme, Programme
  4. Photoshop und andere Windows-Anwendungen unter Linux
  5. Pimp my Linux
  6. Die Konsole ist dein Freund

Grafik und Design

GIMP ist der Klassiker unter den freien Grafikprogrammen und kann im Großen und Ganzen, alles was auch Photoshop kann. Der Haken an der Sache ist, dass wenn man nur Adobes Flaggschiff kennt, man mit GIMP beim Versuch einen Text in ein Bild zu schreiben scheitert. In GIMP laufen viele Dinge sehr anders. Nicht unbedingt schlechter. Anders. Aber an sich ist es ein mächtiges Programm. Schluckt auch .psd-Dateien.

GIMP in Aktion

Die Vektor-Fraktion ist bei Inkscape bestens aufgehoben. Der SVG-Editor kann so ziehmlich alles, was man für Vektorkunst und Firmenlogos so braucht und kann auch mit anderen Formaten wie .ai und .eps arbeiten.

Inkscape

Ein Geheimtipp für die Zukunft ist der Pixel Image Editor, ein von einem einzigen Entwickler programmierter Photoshop-Klon der auf Windows, Linux, Linspire, MacOSX, BeOS, Zeta, QNX, MorphOS, FreeBSD, eComStation, OS/2, SkyOS und dem guten alten MS-DOS (!) läuft. Die Haken an der Sache sind, dass Pixel noch nicht komplett fertig ist, keine freie Software ist und Geld kostet – ganze 28 €.

Pixel Image Editor

Warum lassen wir alle uns eigentlich von Adobe ihr nur auf Windows und Mac (und da auch nur teilweise) laufendes Photoshop für gefühlte 1.000.000 € andrehen?

Wer sich in den 3D-Bereich vorwagen will, landet als erstes vermutlich bei Blender. An den Fähigkeiten dieses Tools dürften angesichts solcher Filme keine Zweifel bestehen, aber auch hier gilt: Vergiss, was du bisher über die Bedienung von 3D-Software zu wissen glaubtest. Hier ist wirklich alles anders, aber wenn man die Basics erst mal intus hat, läuft’s ganz flüssig. Das glaubt mir keiner, der weniger als drei Stunden davor gesessen hat, aber es ist so.

Blender

IDEs und Editoren

Linux war ursprünglich ein System von Hackern für Hacker. Entsprechend gibt es ohnehin keinen Mangel an Tools für Programmierer, aber auch und gerade für uns Webheinis steht eine ganze Menge schickte Software parat.

Quanta Plus ist zum Beispiel eine komplette Webentwicklungs-IDE mit allen Schikanen. Sie ist zwar für die Desktop-Umgebung KDE gemacht, aber wenn man ein paar Programmbibliotheken nachinstalliert, läuft sie überall.

Quanta Plus

Ein ähnliches Komplettpaket ist Aptana, womit gerade die Arbeit an HTML, CSS und Javascript eine wahre Freude ist. Mit Plugins kann man Support für PHP, Adobe Air und Ruby on Rails einbauen und obendrein gibt es dieses schöne Programm auch für Windows und Macs. Empfehlung!

Aptana

Nachtrag 1: NetBeans wurde von Marcel Metz via IM vorgschlagen:

NetBeans war (und ist) die ursprünglich die von SUN unterstützte Java IDE, doch mit der Zeit hat sich dieses Programm als leistungsfähige Entwicklungsumgebung für Java (SE, ME, EE), C/C++, Ruby (Ruby on Rails), Javascript, SQL, CSS, HTML, XML, und auch PHP einen gewissen Namen erarbeitet. Für die Webentwickler unter euch werden sicher die kleinen Details, wie das wohl sicher zum Standardrepertoire einer jeden IDE gehörende Syntaxhighlighting, die Autovervollständigung mit integrierter Dokumentationsdarstellung, Refactoringfunktionen und die für Javascript, Java und Ruby integrierte Laufzeitumgebung interessant sein. Aber auch die PHP Freunde werden mit der Integration des Xdebug Debuggers nicht vergessen.Insgesamt ist die Netbeans IDE aber von der Komplexität und von der Leistungsfähigkeit eher etwas für die Webprogrammierer unter euch. NetBeans ist für Windows, Mac OS X und Solaris zu haben.

NetBeans

Wem diese Lösungen alle zu schwergewichtig sind, der kann sich an einer Reihe kleinerer Editoren bedienen. Zum Beispiel kann man den Gnome-Standardeditor gedit mit einer Reihe von Plugins zur Mini-IDE aufrüsten.

gedit

Und nicht unerwähnt sollte auch KompoZer sein, ein WYSIWYG-Editor im Stile von Frontpage oder Dreamweaver. Wer’s braucht …

KompoZer

Neben all diesen mittelschweren bis schwergewichtigen IDEs und Editoren gibt es natürlich noch unzählige sehr nerdige Texteditoren ohne GUI. Bei diesem Thema gerät man allerdings schnell in das Territorium der Linux-Taliban – dieses Fass aufzumachen ersparen wir uns an dieser Stelle aber ausdrücklich.

Tools

Fürs Programmieren und Pixel schieben ist also gesorgt. Fehlen noch die kleinen Helferlein, die man so braucht – FTP-Programme, Browser, Serversoftware … es gibt reichlich. Zum Beispiel kommt man mit Programmen wie gftp oder dem auch auf Windows bekannten FileZilla auf jeden FTP-Server. Wenn man die Desktopumgebung Gnome verwendet (Standard bei Ubuntu) sollte wissen, dass der Dateimanager Nautilus auch auf FTP-Server verbinden kann, was dann praktisch ist, wenn man keine große IDE benutzt, die das von sich aus macht.

gftp

Linux is like a tipi – no windows, no gates und apache inside. Das mit dem Apache inside kann man in der Tat so stehen lassen, denn man muss nur eine Zeilen in das Ubuntu-Terminal tippen, um sich den populären Webserver plus MySQL auf den Desktop zu laden und zu aktivieren: sudo apt-get install apache2 mysql-server. Fertig. Einfacher wird’s nicht mehr.

Apache - It works!

Browser gibt es natürlich auch genug: Von Firefox und Opera gibt es von Haus aus Linuxpakete, den Internet Explorer in all seinen wundervollen Varianten holt man sich IEs4Linux stressfrei auf den Rechner. Das leidige Safari-Problem kann man auch lösen – wie genau das geht, werden spätere Artikel der Serie zeigen.

Installation von IEs4Linux

Der Umgang mit Schriften stellt auch kein Problem dar, moderne Linux-Distros schlucken klaglos die gängigen Formate. Die Windows-Fonts, die man ja braucht um die Websites so zu sehen wie der unbedarfte Endverbraucher, kann man einerseits ganz offiziell herunterladen, andererseits kann man sich die Schriften von Windows Vista auch problemlos semilegal besorgen. In diesem Zusammenhang sollten wir auch erwähnen, dass der Linuxer mit OpenOffice.org eine Office-Paket an der Hand hat, das kaum Wünsche öffen lässt.

OpenOffice.org mit Verdana-Text

Das waren jetzt nur die Tools, an denen man kaum vorbei kommt und die ohnehin jeder kennt. Hinzu kommen noch Unmengen an kleinen und kleinsten Helferlein, die man je nach eigenem Geschmack installieren und benutzen kann. Denn das ist einer der Vorteile von Linux – wenn man das System den eigenen Vorstellungen anpassen will, wehrt es sich nicht. Und das ist gut so!

Das Komplettpaket für Hartgesottene

Wer keine kleinen Brötchen backen, sondern seinen Rechner in ein Multimedia-Editing-Geschütz oberen Kalibers verwandeln will, sollte einen Blick auf Ubuntu Studio werfen. Das ist eine extra für Grafik- und Mediendesign zusammengestellte Distribution auf Ubuntu-Basis, die fast alle der oben genannten Programme enthält plus dem DTP-Programm Scribus, einer Reihe Audio- und Videotools und noch vieles mehr. Sogar der Betriebssystemkern wurde eigens angepasst und enthält keinerlei Energiesparfunktionen mehr, dafür umso mehr Echtzeitfeatures.

Ubuntu Studio

Das ist nur etwas für echte Dickbrettbohrer.

Photoshop, Dreamweaver, Flash

Das war jetzt eine ganze Reihe von großteils weniger bekannten, aber durchaus sehr sehr tauglichen Werkzeugen zur Arbeit an Websites. Was noch fehlt, sind die großen Namen: Photoshop, Dreamweaver, Flash. Die kriegen wir nämlich auch unter Linux zum funktionieren – allerdings erst im nächsten Teil dieser Serie, in dem es darum gehen wird, sich das kleine notwendige bisschen Windows in sein Linux-System zu holen. Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Photoshop unter Linux

Bis dahin sind die Kommentare jederzeit dafür bereit, weitere Vorschläge für Programme aufzunehmen. Wenn ihr etwas kennt, was unbedingt in diesem Artikel stehen sollte, lasst es mich wissen! Merken sollten wir uns auch jetzt schon: Wer glaubt, man könnte mit Linux nicht locker als Webdesigner/Entwickler arbeiten, ist nicht besonders gut informiert.