button-blogtipps.gif

Will man ein neues Blog eröffnen, können einen schon diverse Zweifel plagen. Ist das Thema nicht zu banal/speziell? Interessiert überhaupt irgendwen, was ich hier schreibe? Gibt es nicht schon genug Blogs zu meinem Thema? Dieser Artikel soll mit solchen Bedenken aufräumen und ist dabei mein etwas lang geratener Beitrag zum Upload-Projekt Blogtipps für Einsteiger. Meine These: Kein Blog ist überflüssig.

Banale und spezielle Themen

Zur richtigen Wahl eines Themas wurde im Rahmen dieses Blogprojekts schon viel geschrieben. Da steht dann meist, man solle sich doch tunlichst ein „richtiges“ Thema zur Brust nehmen, etwas von Relevanz und Bedeutung für die Welt. Ob das wohl stimmt? Sehen wir uns doch die Top 100 Stichworte von Technorati, der Mutter aller Blog-Suchmaschinen, einmal genau an.

Technorati Top-Tags
Technorati Top-Tags

Gelb eingefärbt sind die Themen, denen die Meisten wohl sofort Relevanz und Bedeutung für die Welt absprechen würden, vielleicht nicht zu Unrecht. Das zeigt recht deutlich, dass das „Banale“ (oder eher das „Persönliche“) einen großen Teil der Blogosphäre ausmacht. Umfragen liefern vergleichbare Ergebnisse:

Inhaltlich dominieren Berichte aus dem Privatleben sowie (etwas seltener) dem schulischen, studentischen oder beruflichen Alltag.

Ganz offenbar fährt ein großer Teil der Blogs recht gut, auch wenn es „nur“ um persönliches geht. Anders herum könnte man fragen, ob ein Thema vielleicht zu speziell sein könnte, um ein Blog wert zu sein. Die Frage beantwortet man am besten mit einem Verweis auf das Screw Asylum.

Bei Screw Asylum stehen Schrauben mit Produktionsfehlern im Fokus. Was die Schraubenfabrik ohne Gewinde oder Kopf ausgespuckt hat, wird hier fotografiert und kommentiert. Das Ergebnis:

Wir sehen: Auch Themen, die auf den ersten Blick sonderbar wirken mögen, können als Blog wunderbar funktionieren. Die Möglichkeit, kleinste Special-Interest-Themen zu behandeln, ist eine Stärke von Blogs und eine Chance obendrein. Allein aus finanziellen Gründen könnte in diesem Bereich nie eine Zeitschrift leisten, was ein Blog vermag.

Auch wenn ein Blog vielleicht nur persönliches oder nur sehr spezielle Themen behandelt, kann es auf alle Fälle funktionieren.

Leserinteresse und Relevanz

Der Long Tail gelb markiert
Der Long Tail. Grafik von Hay Kranen/PD

Der Anfängerblogger findet sich zusammen mit dem Löwenanteil der restlichen Blogosphäre im Long Tail, das heißt mit vergleichsweise wenigen Lesern irgendwo im gelben Rattenschwanz der nebenstehenden Grafik wieder. Wenige Blogger haben viele Leser (die sogenannte A-List), viele Blogger haben wenige Leser. Ein Grund für den Kleinblogger die Segel zu streichen? Mitnichten.

Ein Weblog kann ein ausgesprochen persönlicheres Medium sein. Um so zu sein, muss es nicht einmal der Tagebuch-Kategorie angehören oder in irgendeiner Form „banal“ sein. Diese Kategorien haben wir ja bereits im ersten Abschnitt aus dem Weg geräumt. Selbst wenn „große“ Themen bearbeitet werden, spielt die Persönlichkeit des Bloggers beim Verfassen der Beiträge mit, sei es als offener Kommentar, sei es als erkennbare Tendenz, sei es auch bloß im Scheibstil und der Themenwahl. Dieser Persönlichkeitsfaktor macht viele Blogs erst attraktiv.

Wie sich dieser Persönlichkeitsfaktor auswirkt, kann gut an Kommentaren zu den Beiträgen ablesen. Wenn man einmal die zahlreichen Kommentare aus diesem Posting des Lawblogs (A-List) mit der Diskussion in diesem Posting (willkürlich bei Blogscout rausgepickt) vergleicht, fällt der Unterschied deutlich auf.

In beiden Fällen stehen hard news zur Debatte, die in beiden Blogs jedoch höchst unterschiedlich abläuft. Im Lawblog laufen diverse Diskussionsstränge parallel und auch ohne Mitwirken des Bloggers, bei der Blogwiese ist die Autorin zentral beteiligt, moderiert und beantwortet Fragen. Aus solchen Strukturen einen Unterschied in Qualität oder Relevanz des Postings oder Diskussion ableiten? Nicht sonderlich sinnvoll.

Klein, aber oho muss in diesem Fall also nicht eine abgedroschene Phrase sein. Die Größe der Leserschaft ist kein Zeichen für einen Grad von Qualität oder Relevanz, sondern eher ein Strukturmerkmal und für den Blogger im Long Tail eine Chance für einen persönlicheren Draht zur Leserschaft.

Blog-Überschuss?

Ebenfalls kein Grund zur Resignation ist, wenn ein anvisiertes Thema schon von anderen Bloggern bedient wird. Als Beispiel kann man wieder Technorati hernehmen, das beispielsweise unter dem Stichwort Web Standards über 1.200 Blogs führt. Immerhin 500 schreiben über die Formel 1 und wenn wir uns einmal in den vielleicht eher trivialen Bereich vorwagen wollen, finden wir knapp 1.500 Blogs über Paris Hilton und etwa 1.000 zu Tokio Hotel.

Das soll nicht heißen, dass man nicht noch ein Blog zu Paris Hilton oder Webstandards gebrauchen könnte. Es soll eher zeigen, dass zu einem Thema auch Vielfalt möglich und nötig ist, denn viele Blogs spiegeln viele Meinungen wieder. Und wie sehr diese Meinungen auseinander gehen, kann man gerade am Beispiel Paris Hilton sehr schön im Internet verfolgen.

Eine weitere Stimme zu einem Thema, gleich zu welchem, ist immer etwas positives.

Nicht zuletzt ist auch das kleinste Themenblog, selbst wenn es nur zwei Leser hat, ein Multiplikator für Nachrichten. Als zum Beispiel das Adolf-Grimme-Institut versehentlich den Gewinner der Online-Awards 2007 vor der Preisverleihung bekannt gab, verbreitete sich die Nachricht in den Medienblogs. Ein A-List-Autor erreicht mit einer Meldung hierzu vielleicht 2000 Personen, aber 300 kleinere Blogger kommen zusammen auf die gleiche Zahl. Gerade bei solchen Lauffeuer-Nachrichten trägt der Long Tail und jeder kleinste Blog, der die Nachricht aufgreift, zur Verbreitung bei.

Und am wichtigsten ist...

Zuletzt der vielleicht wichtigste Punkt. Der Blogger ist kein Medienkonzern. Er kann schreiben wonach ihm der Sinn steht und muss kein Publikum „füttern“ um zu überleben. Ihm kann eigentlich gleich sein, ob er 20 oder 200 Leser hat. Er kann jederzeit, wenn ihm der Sinn danach steht, sein Thema wechseln oder das Blog schließen und ein anderes aufmachen. Ein Blog ist schon dann nicht mehr überflüssig, wenn der Blogger selbst Spaß daran hat, es zu betreiben.

Fazit

Mein Einsteiger-Tipp läuft also im wesentlichen auf frisch ans Werk hinaus. Es gibt keinen Grund, nicht zu bloggen. Ob das Thema nun die eigene Katze oder die große Politik ist, ob man 20 oder 2.000 Leser hat, überflüssig ist eine weitere Stimme in der Blogosphäre nie. Wer darüber hinaus gezielt hohe Leserzahlen und/oder zu wirtschaftlichem Erfolg sucht, findet dazu Tipps in den anderen Beiträgen zu diesem Blog-Projekt. Unabhängig von solchen Überlegungen lautet mein Rat auf alle Fälle: Nicht verzagen, sondern loslegen!