Google veröffentlichte gestern ein neues, platzsparendes Format für Bilddateien, das in Zukunft seinen Teil zur Beschleunigung des Webs beitragen soll. Das Format nennt sich WebP (gesprochen "weppy"), basiert auf Technologie des im Video-Format WebM verwendeten V8-Codecs und ist bietet verlustbehaftete Kompression – es soll also JPEG den Rang ablaufen. Schaut man sich die Vergleichsgalerie an (Vorsicht, riesige Bilder), zeigen sich bei WebP-Dateien im Vergleich zu herkömmlichen JPG-Files Einsparungen von bis zu 70% der Dateigröße bei guter Bildqualität.
Interessant ist das Ganze deshalb, weil es zeigt, wie in Zukunft die Beschleunigung des Webs ablaufen wird – da werden nämlich weniger wir Webworker als die Browserhersteller gefragt sein. Am Front- und Backend von Websites ist in Sachen Performanceoptimierung alles gesagt. Zwar sind die entsprechenden Best Practices noch nicht überall angekommen, aber alles, was über Daten komprimieren, Requests reduzieren und smartes Caching hinausgeht, bringt nur im Einzelfall spürbaren Geschwindigkeitsgewinn. Wenn man noch mehr Tempo aus dem WWW rausholen will, muss man die Websites hinter sich lassen und an die Infrastruktur selbst heran. Und da sind eben die Browser der erste Ansatzpunkt. Dafür braucht es durchaus keine Revolutionen in WebP-ersetzt-alle-JPGs-Manier. Allein, dass im Firefox 4 die Standardgröße des Browsercaches von 50 MB auf 250 MB angehoben wird, dürfte für die Betroffenen einen spürbaren Effekt haben und ebenso machen seit nun schon einiger Zeit schnelle und schnellere JavaScript-Interpreter das Web flotter. Etwas ambitioniertere Projekte, die in die gleiche Kerbe schlagen, sind Googles HTTP-Ersatz SPDY und auch die eine oder andere Technologie aus dem HTML5-Kosmos wie z.B. das WebSockets-Protokoll. Wenn also das nächste Ziel dieser seit einiger Zeit laufenden browserseitigen Beschleunigungsmission nun Grafiken sind, ist das nur folgerichtig.
Wird es mit WebP im WWW denn etwas werden? Die meisten Stimmen, die mir bisher via Twitter und RSS zugeflattert sind, sind eher pessimistisch bis belustigt. Ich persönlich würde die ganze Sache einfach schon deshalb nicht abschreiben, weil hier Google am Werke ist. Mag es uns mit Blick auf die IE6-gelähmte Vergangenheit etwas überambitioniert vorkommen, dem verbreitetsten Bildformat der Welt den Krieg zu erklären – die Vergangenheit war erwiesenermaßen gestern. Wir sollten nicht vergessen, dass sich die Browserentwicklung im Moment auf breiter Front beschleunigt und dass deshalb die halbwegs zügige und halbwegs flächendeckende Implementierung einer neuen Technologie nicht völlig undenkbar ist. Und in Zukunft werden sicher die Auflösungen von Fotos und damit Bilddateien nicht gerade kleiner werden, so dass da durchaus Bedarf an einem besseren Format entstehen könnte. Also, wieso nicht? Go Google!
Kommentare (17)
simonnickel ¶
1. Oktober 2010, 10:22 Uhr
An sich ist es doch sowohl sinnvoll ältere Formate auszutauschen als auch die Browserhersteller mal ein wenig in Übung zu bringen schnell Änderungen zu implementieren.
Schade, dass sowas aber doch meistens an den Nutzern scheitert, die einen die sowas immer schon vorher totreden und die, die keine modernen Browser benutzen. So kann das nichts werden.
Robert Agthe ¶
1. Oktober 2010, 10:29 Uhr
Meiner Meinung nach hängt es nicht an den Nutzern, sondern an den Developern bzw Endkunden die immer noch für ie optimiert haben wollen bzw optimieren. Wenn die Seiten nicht mehr im IE laufen wird ganz schnell upgedated.
Chris ¶
1. Oktober 2010, 11:34 Uhr
Zitat Robert Agthe:
Das bezweifel ich.
Ich glaube eher, dann wird auf den Entwicklern rumgehackt, was sie denn für eine sch...e erstellt haben und wieso das nicht funktioniert.
An sich, eine gute Sache und etwas neues. Man sieht also, wieviel Optimierungspotential bei gewissen Techniken und auch APIs vorhanden ist.
Thomas Hühn ¶
1. Oktober 2010, 11:45 Uhr
Von den x264-Entwicklern:
"Earth to Google: make the encoder good first, then promote it as better than the alternatives. The reverse doesn’t work quite as well."
http://x264dev.multimedia.cx/?p=541
Peter ¶
1. Oktober 2010, 12:56 Uhr
Die x264-Entwickler finden ein auf dem VP8-Codec basierendes, noch nicht ausgereiftes Dateiformat nicht gut? Wer hätte das für möglich gehalten.
erlehmann ¶
1. Oktober 2010, 13:48 Uhr
Sollte WebP auch nur halbwegs populär werden, werden sie nur zeigen, dass Apple trotz technischer Möglichkeiten darauf abzielt, (Mobile) Safari zum nächsten Internet Explorer 6 zu machen: Schon jetzt existiert ja das technische Framework für Vorbis, Theora und VP8 — aber Apple nutzt es nicht.
Von Microsoft brauchen wir da gar nicht erst zu reden.
rbq ¶
1. Oktober 2010, 14:08 Uhr
Ich finde den Ansatz bescheiden. Als Entwickler scheint mir PNG, bzw. die Lücke zwischen den beiden Webformaten, die viel dringendere Baustelle zu sein.
Mit verlustfreier _und_ verlustbehafteter Kompression, Transparenz und funktionierendem Farbmanagement in _einem_ Format könnte man mich locken. (Animation, CMYK und hohe Farbtiefe dürfen dann meinetwegen auch draußen bleiben.)
Axel ¶
1. Oktober 2010, 14:15 Uhr
Zitat Peter:
Blöd nur, dass er es mit Fakten belegt.
Peter ¶
1. Oktober 2010, 14:26 Uhr
Will ich ja gar nicht in Zweifel ziehen, aber bei solchen 0.0.1-Vorversion immer gleich Mängel zum Ansatz nehmen, den Komplett-Abgesang anzustimmen wird langsam lästig. Machen in letzter Zeit irgendwie alle.
Peter ¶
1. Oktober 2010, 14:27 Uhr
Das ist vermutlich die Rache für das Dauer-„Beta“ von Web2.0.
Karsten ¶
1. Oktober 2010, 16:35 Uhr
Alternativen sind nie schlecht. Wenn das Format nichts taugt werden es die Webentwickler einfach nicht einsetzen. Dazu müssen die Browserentwickler aber erst einmal die Nutzung grundsätzlich ermöglichen.
Ich weiß ja nicht wie zeitaufwändig und kompliziert es ist so was in einen Browser zu integrieren, aber allzu schwierig dürfte es doch eigentlich nicht sein.
Dummerweise läuft es aber wahrscheinlich so, wie in der Politik. Wenn ein guter – oder zumindest nicht schlechter – Vorschlag von einer anderen als der eigenen Partei kommt, ist man halt dagegen.
Axel ¶
1. Oktober 2010, 17:05 Uhr
Zitat Peter:
Das Format hat Potential, die Kritik von den x264-Leuten richtet sich gegen den schrottigen Encoder. Das gleiche gilt für VP8.
domingos ¶
1. Oktober 2010, 17:42 Uhr
Es gibt ja schon PNG, wenn Google nicht auf OpenSource setzt, sehe ich da wenig Chancen für ein neues Bildformat, wenn es nicht gravierende Vorteile bietet.
ChrisB ¶
1. Oktober 2010, 23:34 Uhr
Zitat simonnickel:
Da kann man ja vielleicht auch zweigleisig fahren.
Wenn die Browser, die das unterstützen, einen entsprechenden Accept-Header im Request mitschicken, dann könnte man denen per serverseitigem Rewriting das Bild im WebP-Format liefern - für ältere Browser gibt's dann nach wie vor ein JPEG oder PNG.
non ¶
2. Oktober 2010, 11:03 Uhr
Und was sollte Google mit PNG machen? Es etwa schaffen mit einem verlustfreien Format kleiner komprimieren zu können als mit einem verlustbehafteten JPG? Sowas gehört wohl eher in die Traumwelt, besonders da sowas auch zu Inkompatiblitäten zum bestehenden PNG führen würde. Oder willst du aus einem verlustfreien PNG ein verlustbehaftetes Format machen was völlig inkompatibel zum bisherigen PNG wäre und dem Ziel des Formates völlig zu wieder laufen würde, so als wollte man aus einem Apfel eine Banane machen... Oder eine Banane wie einen Apfel schmecken lassen...
Welche Lücke denn? Kennst du JNG/MNG? Das Problem ist nicht, dass es sowas nicht gibt, sondern dass die Browser sowas nicht unterstützen (Firefox hatte mal eine Unterstützung die sie auf Grund von APNG aufgegeben haben) und dass es kaum eine Software gibt die das erstellen kann (Gimp zum Beispiel bietet zwar einen Exporter aber irgendwie habe ich es bisher noch nie geschafft damit wirklich was ohne Fehlermeldung zu exportieren) und natürlich auch an den Webworkern die das Format wegen den anderen beiden Problemen meiden.
Und das hat weder was mit Google noch mit diesem Format zu tun. In diesem Fall geht es darum das veraltete JPEG gegen ein neues ggf. besseres (kann dazu bisher nix sagen) Format zu ersetzen, welches dann in einem Mischformat wie du es willst anstelle von JPEG verwendet wird und somit den verlustbehafteten Teil des Formates verbessern könnte.
Axel ¶
4. Oktober 2010, 20:30 Uhr
Zitat domingos:
WebP ist Open Source. Was redest du da?
PNG überhaupt eine völlig andere Liga. Hier geht es um *verlustbehaftete* Komprimierung. PNG komprimiert grundsätzlich verlustfrei.
Frakturfreund ¶
20. Oktober 2010, 12:52 Uhr
Hier ſollte man einmal JPEG 2000 erwähnen: Techniſch überlegen, ISO-Standard, kann von jedem aktuellen PDF-Reader geleſen werden – ſelbst die ganzen Digital-(und 3D-)Filme in den Kinos werden als »JPEG-2000-Daumenkino« ausgeliefert. Warum alſo das Rad neu erfinden?