Jeder und sein Hund beklagen zur Zeit die Hässlichkeit des nebenstehenden Symbols. Jenes wurde am 4. dieses Monats vorgestellt und wird gemeinhin als »das Olympia-Logo« interpretiert und kritisiert. Überall heißt es, in seiner Hässlichkeit sei es unmöglich ein geeigneter Repräsentant für die Spiele 2012 in London und man müsse dringend ein neues Designbüro anheuern um diesen Schandfleck zu ersetzen. Wer so denkt, hat das Prinzip nicht verstanden.
Die Mecker-Fraktion übersieht (ob nun mutwillig oder nicht) die Botschaft, die die Marke »London 2012« transportieren soll und reißt das »Logo« aus seinem Kontext.
London 2012 will be everyone’s Games, everyone’s 2012. This is the vision at the very heart of the new London 2012 brand. It will define the venues that are built and the Games that London and the UK will host. The new 2012 emblem will use the Olympic spirit to inspire everyone and reach out to young people. It is an invitation to take part and be involved.
These will be a Games where everyone is invited to join in. A Games where people are inspired to either take part in the many sports, cultural, educational and community events leading up to 2012 or inspired to achieve personal goals.
Die Website, von der dieser Text stammt, enthält auch ein Video, das diese Botschaft (meines Erachtens sehr gut) transportiert. London 2012 soll eine Veranstaltung zum Mitmachen sein. Das bezieht sich auch und vor allem auf das sogenannte Logo.
Aber das Bild da oben ist kein Logo wie der Mercedes-Stern oder der Microsoft-Schriftzug. Das oh so hässliche Symbol ist ein Anhaltspunkt, auf Basis dessen jeder seine eigene Vision eine Olympia-Logos entwerfen kann. Es ist ein offenes System.
Die Website dazu macht das mehr als deutlich. Man kann sich Templates herunterladen, seine Entwürfe hochladen und sie sich mit anderen in einer Galerie ansehen. Man muss sich zwar vorsehen, seine Ergüsse im Rahmen der Vorgaben zu halten (z.B. dürfen die olympischen Ringe nicht verhunzt werden), aber das kann man alles nachlesen. Jeder darf und soll seine Vision von Olympia selbst visualisieren.
Man bedenke für Chancen der Gestaltung für die berichtenden Medien. Wie frei werden Magazine ihre Titelseiten gestalten können! Man muss ja nicht zu den Bonbon-Farben greifen. Nebenstehend haben wir zum Beispiel eine sehr seriös wirkende Variante, die ein gewisser Andrew Phillips entworfen hat. Das ist mehr ein Olympia-Logo als das bunte Symbol, auf das alle so eindreschen (und das nicht der Gestaltung wegen). Das Symbol und ein Template waren lediglich der Anstoß zur in diesem Fall erfolgreichen Entwicklung eines Logos.
Das bunte Ausgangssymbol als solches zu kritisieren ist verfehlt, weil es kein über allem stehender, unerschütterlicher Marken-Monolith ist, wie es z.B. noch das Logo zur WM 2006 war. Es ist ein Denkanstoß. Wenn man etwas kritisieren kann, dann das offene Modell an sich. Oder die doch recht restriktiven Beschränkungen dabei. Oder die offenbar nicht besonders gut funktionierende Kommunikation der Gestalter von Wolff-Olins mit der Öffentlichkeit, die das offene System offenbar nicht verstehen und annehmen mag.
Wir kommen zu einem Fazit. Das Bild, das so heiß diskutiert wird, ist kein Logo. Somit ist jede Kritik, die sich an das Aussehen dieses Symbols wendet, eigentlich verfehlt und reißt es aus seinem Gesamtkontext. Das kann man so doch nicht machen? Dann macht es nicht! Das offene System räumt Gestaltungs- und Interpretationsfreiheit ein. Es ist dynamisch und zum Mitmachen ausgelegt.
Davon freilich kann man halten was man will, aber wer das bunte Symbol als Logo im herkömmlichen Sinne bezeichnet und kritisiert, hat das Prinzip nicht verstanden.
Kommentare (4)
neff ¶
8. Juni 2007, 17:26 Uhr
Wenn diese eine Einladungskarte sein soll, dann eine hässliche. Es hätte 100 andere Möglichkeiten gegeben ein "offenes" Konzept schöner zu gestalten. Und egal WAS es darstellen soll, wenn man dafür ein Designbüro beauftragt und 600000€ auf den Tisch legt, sollte es zumindest halbwegs gestalterischen Grundlagen genügen.
Die Idee, dass jeder sein Design einschicken kann ist für mich so sehr sinnlos wie fragwürdig, denn es ist nirgends ganz geklärt wem dann die Rechte für die Entwürfe gehören.
Peter ¶
8. Juni 2007, 17:41 Uhr
Das sind teilweise legitime Einwände, wobei mir nicht klar ist, warum eine Einladungskarte den offenbar irgendwo kodifizierten (mir nicht bekannten) „gestalterischen Grundlagen“ für Logos genügen muss. Vielleicht motiviert ja gerade eine in vielen Augen eher ungewöhnliche Vorlage dazu, etwas Eigenes zu erschaffen.
Außerdem vermute ich mal, dass die 600000€ für die gesamte Kampagne und nicht nur die Grafik gezahlt wurden.
Flo ¶
18. Juni 2007, 10:01 Uhr
Was muss man denn tun, um gestalterischen Grundlagen zu genügen? Jetzt im Netz oder überall? Oder ästhetisch? Was ist das genau? Auch mal in Bezug auf frühere Logos? Und warum muss etwas sinnlos sein, wenn etwas vorher, wie die Rechte, nicht geklärt wurde. Warum sollte man dann das Gesamtprinzip ablehnen?
Und ich möchte an die Kritik von der WM-Werbekampagne 2006 erinnern oder aber auch an "Waldi" von 1972...
Was hat das Logo zur WM gekostet? Also Goleo wohl 250.000 €. Ach, diese Kosten. Das ist so. Das sind Künstler. Sollte man sich darüber aufregen? Die arbeiten nicht jeden Tag für 12,53 € die Stunde. Was soll immer diese Reduzierung der Diskussion auf die Kosten?
Und: Wieviel deiner 100 anderen Möglichkeiten hättest du ebenso abgelehnt?
neff ¶
18. Juni 2007, 19:59 Uhr
Freier Künstler mh?